Montags in Dresden – für viele ist es ein besonderer Tag, für andere wiederum traurige Normalität.
Dieser Tag bestand für mich vor allem aus eines: Hass und Beleidigungen. Als ich den Protest der Gruppe Nationalismus raus aus den Köpfen begleitete, wurde ich von anreisenden PEGIDA-Teilnehmer*innen als „dumm“ und „arbeitsfaul“ betitelt und wurde bedroht. Als ich dann an den Aufzug von PEGIDA herantrat kam ein lautes „Fotze“ mir entgegen und weitere Drohungen, die ich zum Teil nur körperlich erkennen konnte. Und als ich nach Hause ging gab es den Vorfall in der Straßenbahn, den einige vielleicht auf Twitter beobachten konnten und die weiteren Beleidigungen und Unterstellungen danach.
Wie kam es dazu?
In der Straßenbahnlinie 7 in Richtung Weixdorf saß ein Bahnfahrer, der leidenschaftlicher PEGIDA-Spaziergänger ist. Daran ist nichts auszusetzen, ich finde es zwar nicht gut, aber dafür leben wir in einer mehr oder weniger offenen Gesellschaft. Dieser verabredete sich mit einem ehemaligen Teilnehmer für nächsten Montag. Das lautstark aus der Fahrerkabine. Dieser ehemalige Teilnehmer hatte die Teilnehmer*innen des Gegenprotest zuvor mit dem Tod bedroht. Aber selbst diese Verabredung ist keine Veröffentlichung in diesem Maße wert, da muss die DVB AG einschalten, deren nach außen getragene Firmenphilosophie eine andere ist.
An der Haltestelle Carolaplatz stiegen Menschen hinzu, die nach außen hin nicht deutsch aussehen – also weiß – einer der Passant*innen hielt wohl noch die Tür auf, für einen Menschen der gerade angerannt kam. Das wiederum schmeckte dem Bahnfahrer nicht und er fing an, ebenfalls lautstark und für die Menschen im vorderen Abteil gut zu hören, diese als „Viehzeug“ und „Gesindel“ zu beschimpfen. Der erste „Kritik“punkt für viele: Das „Viehzeug“ kann man auf dem Video nicht hören. Das liegt daran, dass ich nicht mit 24/7 Videoüberwachung unterwegs bin. Als ich die rassistischen und volksverhetzenden Beleidigungen hörte, schaltete ich das Handy ein und filmte ab da, also ab „Gesindel“. Im übrigen wurde Lutz Bachmann rechtskräftig für solche Bezeichnungen verurteilt, es handelt sich also nicht um „normale“ Beleidigungen, die in meinen Augen aber ebenso verwerflich sind! Auch hier war meine Intention nicht die Veröffentlichung, sondern die Konfrontation mit der DVB.
Während der Fahrt verwies der Fahrer mich und den Menschen, der dagegen aufgestanden war, der Straßenbahn am Albertplatz. Dieser kamen wir auch nach, da wir an dieser Haltestelle die Bahn auch ohne den Vorfall verlassen wollten. Als der Bahnfahrer nun sah, dass ich das gesprochene gefilmt hatte, stürzte er aus der Straßenbahn direkt auf mich zu. „Jetzt kriege ich dich!“ und „Her mit dem Ding!“ schrie er. Für mich war klar, die Aufnahme wird beendet, damit ich mich und die Kamera schützen kann. Die Begleitung ging jedoch rechtzeitig dazwischen und bekam mehrere Schläge auf die Arme ab.
Nun war für mich der Zeitpunkt, mich als Journalist*in zu erkennen zu geben. Kurz danach stieg der Fahrer wieder in die Bahn und schimpfte dort weiter. Das war für mich der Punkt, an dem ich diese Videos veröffentlichte.
Wieso wurde das Video veröffentlicht?
Mehrfach wurde mir in den Kommentaren vorgeworfen, ich würde den „unschuldigen“ Bahnfahrer dem „Mob“ vorwerfen. Das war jedoch nicht die Intention hinter der Veröffentlichung.
Diese ist ganz klar: Rassismus darf nicht in unserer Gesellschaft toleriert oder ignoriert werden. Immer wieder höre ich von Menschen, dass sie angespuckt, bedroht, verfolgt oder angegriffen werden aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Aussehens. Ich möchte nicht, dass mehrere Dutzend Menschen in der Straßenbahn zuhören, wie der Fahrer Menschen beleidigt, ob sie es nun hören konnten oder nicht soll hier keine Rolle spielen.
Es ging mir also darum, den Rassismus öffentlich bloßzustellen, nicht den Menschen dahinter. Es ging mir darum, zu zeigen, dass auch Menschen dagegenhalten, auch wenn es nur einer war der laut dagegen angegangen ist.
Wenn es zu Drohungen gegen den Bahnfahrer kommt, dann verurteile ich das scharf, denn wir sollten jeden Menschen mit Respekt begegnen, deswegen gibt es die Menschenwürde. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir ihre Überzeugungen oder ihre Handlungen respektieren, achten oder gar wertschätzen müssen. Und genau das muss ohne Furcht vor verletzten Gefühlen klar artikuliert werden dürfen. Mein Beitrag dazu war die Verschiebung in die breitere Öffentlichkeit, die sich nun mit dem Verhalten des Bahnfahrers auseinandersetzt. Das es hier zur klassischen Täter-Opfer-Umkehr und bösartigen Unterstellungen und Beleidigungen kommt, ist ebenso zu verurteilen, aber leider ein Charaktermerkmal der Streitkultur dieser Tage, vor allem in Dresden.
Es bleibt nun abzuwarten, wie die DVB AG, die leider im Hinblick des Vorfalls ebenfalls massiv angegriffen wurde, und auch der Bahnfahrer auf diesen Sachverhalt reagieren werden.