Es ist der 24.02.2023.
Ein Jahr ist der Überfall Russlands auf die Ukraine schon her. Seit Wochen mobilisiert die ukrainische Gemeinde in Dresden, gemeinsam mit Unterstützer*innen , zu einer Demonstration auf dem Neumarkt. Es gab eine Petition zu signieren, Interviews wurden gedreht und veröffentlicht. Dresden wäre jedoch nicht wie es ist, würde nicht auch die rassistische Pegida Bewegung Höhenluft schnuppern. So kam es, dass der Schulterschluss mit den „Freien Sachsen“ und der AFD geprobt wurde. Angezeigt war hier der Theaterplatz als Ort der Versammlung. Wir haben uns im Vorfeld umgesehen und Informationen eingeholt. So gab es schon im Vorfeld, eine eindeutige Einschätzung der Gruppe Hope-fight racism zur Versammlungsbehörde, der Polizei und der, zu erwartenden Repressionen.
„Die Versammlungsbehörde Dresden tut alles um am Jahrestag des russischen Angriffskrieges Neonazis den roten Teppich auszurollen.
Man sollte meinen, dass die Bescheidung der pro-russischen Demo von AfD und Pegida auf den Theaterplatz, in unmittelbarere Nähe zur lange vorher bekannten Solidaritätskundgebung mit der Ukraine, sowie einem Gottesdienst der ukrainischen Gemeinde am 24.02. schon die Spitze des Eisberges gewesen sei. Doch weit gefehlt.
Die Versammlungsbehörde unterbietet sich mal wieder selbst im Niveaulimbo und versucht legitimen demokratischen und antifaschistischen Gegenprotest in großem Stil einzuschränken.
In Bezug auf den Faschoaufmarsch wird in jeglicher Korrespondenz mit unserem Versammlungsleiter mit der Begrifflichkeit „Anlassversammlung“ um sich geworfen. Diese Begrifflichkeit entbehrt jeder versammlungsrechtlichen Grundlage, soll aber mutmaßlich dazu dienen Pegida und AfD Privilegien einzuräumen, welche der Gegenprotest als demzufolge nachrangige Versammlung nicht genießt.
Es wurde uns verboten nach Ankunft auf dem Theaterplatz Musik über unsere Anlage zu spielen aus Angst davor, dass die Gottesdienste oder gar die „Anlassversammlung“ gestört werden könnte. Natürlich gilt das für die Faschist*innen nicht, sodass morgen wohl erneut die Pegida-Hymne aus vollen Rohren über den Theaterplatz schallen wird.
Zusätzlich sieht es die Behörde als „Entgegenkommen“ ihrerseits an nach mehrerem telefonischen und schriftlichen Austausch mit unserem Anmelder es gütigerweise zuzulassen, dass „Ordnungsdurchsagen und kurze inhaltliche Redebeiträge in angemessener (nicht störender) Lautstärke abgehalten werden“ dürfen. Ursprünglich angedacht war seitens der Behörde nämlich die komplette Untersagung unserer Anlage auf dem Theaterplatz. Es wird dabei mit diffusen zweifellos nicht rechtsfesten Anschuldigungen argumentiert, wonach der Gegenprotest bei einem Pegida-Aufmarsch auf dem Neumarkt vor 2 Jahren angeblich zu laut gewesen sei, woraufhin Taufkirch und Bachmann mit Auflösung und Eskalation drohten.
Wie dieses „zu laut“ definiert ist und warum wir auf unserer „zu lauten“ Versammlungsfläche damals dennoch leider jedes Wort von Bachmann klar und deutlich verstehen konnten bleibt das Geheimnis der Behörde.
Zudem sei erwähnt, dass unser morgiger Versammlungsleiter an diesem Tag nichtmal verantwortlich für den Gegenprotest war…Um aber zu gewährleisten, dass Faschos morgen auch wirklich keinerlei lautstarke Gegenwehr zu befürchten haben musste in unserem Versammlungsbescheid diesmal neben den massiven Beschallungsauflagen auch eine zweite Person unserer Lauticrew benannt werden, die „jederzeit“ für die Behörde greifbar direkt am Lauti bleibt um im Falle von Verstößen gegen die willkürlichen Restriktionen dingfest und unter Druck gesetzt werden kann damit ein zu hoher Lärmpegel sofort unterbunden werden kann ohne sich im Zweifel noch ein paar Sekunden auf die lästige Suche nach dem Versammlungsleiter begeben zu in müssen…
Wir sind einmal mehr entsetzt über die offenen Repressionen der Versammlungsbehörde Dresden gegenüber den wenigen Menschen, die sich trotz aller Widrigkeiten in dieser Stadt gegen Neonazis einsetzen!
Wir fordern hiermit den längst überfälligen Rücktritt von Ralf Lübs, dem Leiter der Versammlungsbehörde! Zusätzlich fordern wir die neue Ordnungsbürgermeisterin Eva Jähnigen dazu auf ihren Worten Taten folgen zu lassen, mit uns ein zeitnahes Gespräch zu suchen und anschließend die Versammlungsbehörde endlich auf demokratische Füße zu stellen!
Zu guter letzt bleibt noch zu sagen, dass wir uns auch weiterhin nicht einschüchtern lassen. Nicht von Nazis. Nicht von Cops. Und auch nicht von einer repressiven Behörde.
Kommt morgen ab 16.00 Uhr zum Alaunplatz und zieht mit uns gemeinsam in die Innenstadt! Bringt alles mit was Krach machen kann – dann brauchen wir keine Musik um Faschos zu nerven!
Wir sehen uns!“
Einschüchterung der Demonstranten durch die Polizei Sachsen
So war es nicht verwunderlich, das die Flächen rund um den Theaterplatz weiträumig gegittert wurden. Die Anreise des Gegenprotestes wurde mehrfach aufgehalten, dauerhaft gefilmt. Der Vorwurf: Vermummung. Die zu beobachtenden Fakten: Infektionsschutz vor Corona.
Diese Prozedur war über den ganzen Abend zu beobachten. Wer sich gegen Pegida positionierte, wurde akribisch beobachtet, eingeschüchtert und nicht geschützt. So erging es einem Menschen vor dem Kulturpalast schlecht, der erst zu Boden gebracht worden ist und auf den, schon liegend, eingeschlagen wurde. Junge und ältere Menschen aus der Ukraine, die ihrem Unmut am Postplatz Luft verschafft haben, wurden genauestens beobachtet durch die Polizei. Ein Blick auf den marodierenden Mob von Pegida? Fehlanzeige.
Auf dem Theaterplatz waren die üblichen Parolen zu hören. „Die Medien sind Schuld, die USA führe einen Stellvertreterkrieg“ und es durften auch antisemitische Sprüche nicht fehlen. Trotz allem leerte sich die Pegida Demonstration zeitnah. Die Ersten gingen schon vor dem „Spaziergang“, andere während der weiteren Veranstaltung. Lags am Wetter, oder daran das sich die Pegida Meute mehr erhofft hat? Höcke, sah also kurz vor dem Ende, nicht einmal mehr die Hälfte der ehemals angereisten Menschen aus dem Umland.
Polizei behindert Presse und Passanten bei Solidemo für die Ukraine
Wer berichten wollte oder einfach nur private Dinge zu erledigen hatte, scheiterte an Hamburger Gittern und Beamt*innen, die jede Überquerung der Augustus Brücke aus Richtung Postplatz untersagten. „Hier findet eine Demonstration statt, die nicht gestört werden darf“ hieß es auf Nachfrage.
Die Demonstration am Neumarkt hingegen war von allen Seiten frei zugänglich. Der Platz war gut gefüllt und die Beiträge unglaublich beeindruckend. Viele Menschen, hier nehmen wir uns nicht aus, hatten Tränen in den Augen. Klitschko sprach von der Leinwand, es gab Lieder. Auch der Oberbürgermeister war geladen. Sein Fauxpas ist und bleibt unfassbar und wird hier nicht wiedergegeben. Alle demokratischen Parteien jedoch waren, so ein Vertreter, explizit nicht geladen bei der Vorbereitung. Ein Statement der Cellex Stiftung dazu haben wir bisher nicht gesehen.
Für uns bleibt das Fazit:
Demokratische Proteste werden, wenn Pegida auf der Straße ist, erschwert, kriminalisiert und mit Repressionen überzogen. Wie der OB diesen Tag auswertete ist nicht bekannt. Ebenso wenig ein Statement von Eva Jähnigen, die inzwischen Ordnungsbürgermeisterin in Dresden ist.
Ein wichtiges Zeichen setzten die Hofkirche, der Zwinger, die Frauenkirche und die Semperoper an diesem Abend. Alle erstrahlten in den Farben der Ukraine. Zum Missfallen der Demonstranten von Pegida.
Hier einige Fotos der Ukraine Demonstration
Und ein Paar Eindrücke von der Pegida Demonstration am gleichen Abend