Massive Ausschreitungen bei verbotenem Querdenken-Aufzug in Kassel
Am Samstag, den 20. März, wurde zur Großdemonstration der Querdenker nach Kassel aufgerufen. Schon seit längerem mobilisierte man dafür deutschlandweit. Dem Aufruf folgten am Ende Tausende aus ganz Deutschland und wurde in der Pandemie zu einem weiteren Superspreader Event. Die Stadt Kassel untersagte die Demonstration, jedoch wurde vor dem hessischen Verwaltungsgerichtshof geklagt, wo man den Querdenkern teilweise recht gab. Eine Kundgebung durfte unter strengen Auflagen stattfinden. Verboten wurde die Kundgebung auf der Karlswiese mit anschließender Demonstration durch die Innenstadt. Als Ausweichsfläche wurde das Messegelände Schwanenwiese und der angrenzenden Platz der Deutschen Einheit genehmigt. Auflagen waren: genug Abstand und das Tragen eines Mund Nasen Schutzes / MNS. Für die Karlswiese hatte der Veranstalter 17.500 Teilnehmer angemeldet. Erlaubt waren für die Ausweich- Kundgebungen in Summe 6000.
Das die Querdenker sich bewusst und absichtlich nicht an diese Auflagen halten würden, war schon im Vorhinein klar. Man schaue sich nur die letzten großen Demonstrationen an. Und das es zu Gewalt kommen würde, war spätestens seit Samstag in Dresden auch offensichtlich.
Der Tag begann mit der Anreise der Teilnehmer aus ganz Deutschland. Schon in den Zügen der Deutschen Bahn ist es zu den ersten Problemen gekommen, da schon hier Querdenker sich nicht an die Regeln halten konnten, und keinen Mundschutz trugen, da halfen auch die Durchsagen des Bahnpersonals nicht wirklich weiter.
In Kassel angekommen wurde die Lage nicht besser: zwar wurden die Demonstranten von der Wilhelmshöhe mit dem Regionalzug zum Hauptbahnhof von der Bundespolizei begleitet, aber die 3 Beamten zeigten kein Interesse für die maskenlosen Personen. Erst am HBF wurden die Gruppen eine Weile gestoppt, und den Personen mitgeteilt, sie müssten einen MNS tragen. Nach dem die Gruppen aus dem Hauptbahnhof waren, endete jedoch die polizeiliche Begleitung. Zwischen dem Hauptbahnhof und dem Friedrichsplatz ist gegen 11:00 Uhr nicht ein Polizist zu sehen gewesen. Mit Ausnahme eines Polizeifahrzeug, welches immer wieder durchsagte, dass die Personen einen Mundschutz aufsetzen sollten. Diese Durchsagen hatten jedoch keinerlei Nutzen, die Menschen weigerten sich schlichtweg.
Auf dem Friedrichsplatz, der auch größtenteils ohne Polizei auskommen mussten, sammelten sich die Querdenker. Die Personenzahl nahm hier schnell deutlich zu. Und auch hier wurde von einem Polizeifahrzeug wie vom Band eine Durchsagte wiederholt, dass ein Mundschutz zu tragen sei. Warum die Polizei dies wiederholt versuchte, bei Gruppen, die bewusst und absichtlich keinen tragen, ja es als ihren Kampf und Widerstand gegen das System sehen, oder aus Trotz keinen tragen, muss hier nicht verstanden werden.
Abgesehen von einem Beamten, der hier die Situation beobachtete, war keine Polizei in der Nähe, um diese untersagte Demonstration zu stoppen, oder zur Hilfe zu kommen. Unbegleitet konnte diese Demonstration dann noch einen Kilometer weiter ziehen. Bis sie auf eine kleine Fahrradblockade von Gegendemonstranten stießen. Hier ist dann auch eine Einheit Bereitschaftspolizei dazu gekommen, die erst mal die Gegendemonstranten angriff und den Weg so frei machte, und sich erst danach auch um die untersagte Demonstration kümmerte.
Ab hier wurde die Situation nur noch unübersichtlicher: Die Querdenker versuchten nun immer wieder auf Seitenstraßen auszuweichen. Die Stimmung wurde aggressiver, so dass auch hier wieder Journalisten geschubst, angerempelt und immer wieder in die Kameras gegriffen wurde. Die Polizei versuchte immer wieder die Straßen zu sperren, scheiterte jedoch meistens. Den Teilnehmern der untersagten Querdenken Demonstration war dabei komplett bewusst, was hier grade passierte, so konnte man immer wieder hören, ob man nicht hier durchbrechen könne, oder eine andere Stelle besser geeignet sei. Es wurde auch immer wieder angebracht, dass man ja zu der angemeldeten Demonstration wolle, was offensichtlich als Ausrede gedacht gewesen war.
Nach dem die Unterstützung angekommen ist, wurde sich erst mal rabiat um die wenigen Gegendemonstranten gekümmert Teilnehmer der untersagten Querdenken Demonstration in Kassel Einer der Organisatoren der Demonstration wurde in Gewahrsam genommen Eine Person aus der Querdenken Demonstration wird von Polizisten getragen Immer wieder blockierten Personen aus der untersagten Demonstration die Polizei
Die Demonstration wurde dann mehr oder weniger effektiv zurück zum Friedrichsplatz geleitet. Hier stand man sich relativ lange die Beine in den Bauch, bis gegen 15:00 Uhr eine zweite Demonstration die Frankfurter Straße entlang ging. Auch hier machte die Polizei keinen Versuch die Demonstration aufzuhalten. Einzig zwei Motorradpolizisten begleiteten diesen Aufzug durch Kassel. Auch aus diesem Aufzug ist es immer wieder zu Drohungen und Beleidigungen gegenüber Journalisten gekommen.
Zwei stunden Später endete auch diese Demonstration wieder auf dem Friedrichsplatz. Hier hatte die Polizei mit der wohl sinnlosesten Polizeikette der Welt, eine Seite des Platzes abgesperrt, war aber von beiden Seiten von Querdenkern umzingelt. Und 3 Meter weiter konnte man auf der anderen Seite der Mauer die Polizeikette komplett umgehen.
Vom Friedrichsplatz aus stürmten immer wieder kleinere Gruppen von Querdenkern, natürlich ohne Maske, unter anderem Galeria Kaufhof und die Königs Galerie. Die Polizei räumte nach einiger Zeit die Königs Galerie und blockierte danach den Zugang.
Danach leerte sich langsam auch der Platz vor der Galerie. Die Polizei fing nun an, über die ganze Breite des Friedrichsplatz eine doppelte Polizeikette zu ziehen, und räumte dann gegen 18:15 Uhr den Platz. Hier haben sich Querdenker wieder als Opfer von Polizeigewalt inszenieren können. Nach demvier Mal die Durchsage gekommen ist, das die untersagte Demonstration aufgelöst sei und sie den Platz zu verlassen hätten, weigerten sich die ehemaligen Teilnehmer weiterhin den Platz zu räumen. Die Polizei setzen unmittelbaren Zwang ein und kesselte am Ende die letzten ca 50 Personen ein, um diese dann ID zu behandeln.
Die Polizei Nordhessen veröffentlichte mittlerweile ihre Pressemitteilung, darin schreibt sie unter anderem :
„Diese erste dynamische Phase mit zunehmend aggressiver Gesamtstimmung konnte durch das besonnene Vorgehen der Einsatzkräfte unter Kontrolle gebracht werden. Versuche einiger Gruppen, zu anderen Versammlungen oder öffentlichen Gebäuden durchzubrechen, konnten verhindern werden, ohne dass hier bis dato Verletzte bekannt wurden.“
Pressemitteilung der Polizei Nordhessen
Wie oben geschildert ist der Eindruck den wir, und auch andere Journalisten vor Ort hatten anders gewesen. Überforderte Polizisten, mit zu wenig Einsatzkräften.
Besonders interessant in der Pressemitteilung ist jedoch der folgende Absatz
Etwa 20.000 Personen hielten sich am heutigen Samstag im Kontext der Versammlungslagen im gesamten Stadtgebiet auf. Insbesondere am Friedrichsplatz kam es zu einer Versammlung mit mehreren Tausend Teilnehmern sowie einem Aufzug in ähnlicher Größenordnung, der sich auf den Hauptverkehrsstraßen rund um die Innenstadt bewegte. Der allergrößte Teil dieser Personen kam weder den polizeilichen Auflösungsverfügungen nach, noch wurden Hygiene- oder Abstandsregeln eingehalten. Eine konsequente Verhinderung des Entstehens von Ansammlungen oder ein konsequentes Auflösen verbotener Versammlungen hätte nach Einschätzung der Polizei zur Anwendung von Zwangsmitteln und damit einhergehend zu einer nicht unerheblichen Anzahl an Verletzten auf allen Seiten geführt. Beim Einschreiten und bei der Abwägung der Verhältnismäßigkeit war zudem die Entscheidung des Gerichts, die mögliche Infektionsgefahren als nicht ausreichend für ein generelles Versammlungsverbot gesehen hat, zu berücksichtigen. Die Polizeiführung hat mit verschiedenen Beratern ständig, intensiv und jederzeit über die Möglichkeiten und Konsequenzen des polizeilichen Einschreitens diskutiert und hier die Entscheidung so gefällt, dass die polizeilichen Maßnahmen und der temporäre Verzicht auf Zwangs- und Verfolgungsmaßnahmen in der Rechtsgüterabwägung notwendig und angemessen waren. Die Teilnehmer kamen augenscheinlich überwiegend aus dem bürgerlichen Lager und zeigten insgesamt eher keine erkennbare Tendenz zu gewalttätigen Aktionen. Einzelne gezeigte Symboliken, wie gelbe Sterne, wurden dokumentiert, Verstöße im weiteren Verlauf geprüft
Pressemitteilung der Polizei Nordhessen
Es ist ja in so weit korrekt, das die Mittel verhältnismäßig sein müssen. Und ja, ein großer Teil der Teilnehmer der untersagten Demonstration ist nicht direkt gewalttätig geworden. Sie haben sich einfach über das Verbot und jegliche Auflagen hinweggesetzt, und damit jeden in ihrer Nähe gefährdet, ob andere Teilnehmer oder eben unbeteiligte. Und wenn die Polizei bei „bürgerlichem“ Protesten Hemmungen hat, genau so rabiat vor zu gehen, wie sie es bei anderen Demonstrationen regelmäßig macht. Dann muss sie wenigstens dafür sorgen, das sie genug Kräfte vor Ort hat, um die Lage im Griff behalten zu können. Und das ist in Kassel auf jeden Fall nicht geschehen.
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