Demonstration

Hongkong nach den Wahlen

Am Sonntag wurden in Hongkong die Bezirksratswahlen durchgeführt. Normalerweise sind diese Lokalwahlen nicht von wirklich großer Bedeutung, aber was ist nach den letzten Wochen in Hongkong schon normal?

Ein Wahlplakat des demokratischen Kandidats  Isaac Ho
Ein Wahlplakat des demokratischen Kandidats Isaac Ho

Bei der Wahlbeteiligung konnte ein Rekord von 71% für Hongkong vermeldet werden. Doch der Paukenschlag ist in den frühen Morgenstunden des Montags gekommen. Die Kandidaten der Pro Demokratie Bewegung haben auf breiter Linie gewonnen. Etwa 90 Prozent der Sitze in den Bezirksräten gingen an die pro-demokratischen Kräfte, die damit in 17 von 18 Bezirksräten die Kontrolle innehaben. Bei der vorangegangenen Wahl 2015 hatte das regierungstreue und fest zu Peking haltende Lager noch drei Viertel der Mandate geholt.

Der Wahlausgang signalisiert deutlich, dass es keine schweigende Mehrheit gibt, die hinter dem Regierungskurs in Hongkong steht. Die Mehrheit hat laut und deutlich gesprochen, nun ist es an der Regierung, zu reagieren.

Für Montagabend wurde zu einer Demonstration aufgerufen. Es nahmen auch einige frisch gewählte Ratsmitglieder daran teil. Nach einer Pressekonferenz dieser Ratsmitglieder, zog die Demonstration zum Eingang der Polytechnischen Universität. Dort forderten die Teilnehmer die Freilassung der Studenten, die sich noch immer in der Universität aufhalten.

Am Montagabend wurde in der Nähe der PolyU eine Pressekonferenz abgehalten
Am Montagabend wurde in der Nähe der PolyU eine Pressekonferenz abgehalten

Die Anzahl der Studenten ist indes nicht klar. Dutzende Studenten könnten sich in den Gebäuden auf dem Campus versteckt halten, während andere zu Gesprächen mit der Presse bereit waren. Diese gesprächsbereiten Studenten baten die Menschen außerhalb der Universität  von Rettungsversuchen ab zu sehen, da sie nicht möchten, dass noch mehr Menschen ihretwegen verhaftet werden.

5 Ratsmitglieder durften am Montagabend die Universität betreten, um mit dort verbliebenden Studenten zu reden. Es wurde wohl von der Polizei ein Angebot unterbreitet, dass niemand, der die Universität verlässt, direkt verhaftet würde. Es sollen “nur” die Personalien erfasst werden. Das dies natürlich zu einer späteren Verhaftung / Anklage führt, ist wohl wahrscheinlich. So weit mir bekannt ist, ist auch keiner der verbliebenen Studenten auf dieses Angebot eingegangen, bleiben sie doch in der Universität, um eben der Verhaftung zu entgehen. Immerhin könnte ihnen eine Gefängnisstrafe von bis zu 10 Jahren drohen.

Ein Demonstrant hält ausschau ob Verstärkungen der Polizei kommen
Ein Demonstrant hält ausschau ob Verstärkungen der Polizei kommen

Die Demonstration verlief insgesamt sehr friedlich. Die Polizei scheint eine andere Taktik der Deeskalation aus zu probieren. Einige Demonstranten haben immer wieder versucht, die Polizei zu reizen. So wurde versucht, den Zugang zu einer Fußgängerbrücke, die von der Polizei besetzt war,  zu blockieren. Die Polizei wurde auch lauthals von den Demonstranten beschimpft. Wenn man die letzten Wochen im Hinterkopf behält, durchaus verständlich.

Neben den Beschimpfungen der Polizei gegenüber wurde immer wieder vor allem ein Slogan wiederholt „5 Demands, not 1 less“ gerufen, und die Freilassung der restlichen Studenten auf dem Campus gefordert.

Die erhobene Hand mit den 5 Fingern, steht für die 5 Forderungen
Die erhobene Hand mit den 5 Fingern, steht für die 5 Forderungen

„Fünf Forderungen und keine weniger.“ diese 5 Forderungen sind die zentralen politischen Forderungen der Bewegung :

  1.  Komplette formale Rücknahme des Auslieferungsgesetzes
  2. eine unabhängige Kommission, um die Polizeigewalt der letzten Monate zu untersuchen. So soll die Polizei zur Verantwortung gezogen werden. Diese Forderung ist mittlerweile vermutlich die wichtigste, da Polizeigewalt einer der Hauptgründe der anhaltenden Demonstrationen ist.
  3. Alle festgenommenen Demonstrierenden der letzten  Monate freizulassen und ihnen alle Strafvorwürfe zu erlassen.
  4. Die Proteste sollen nicht mehr als Aufstand bezeichnet werden. Der Grund dafür: Der Tatbestand „Teilnahme an einem Aufstand“ steht seit der britischen Kolonialzeit im Hongkonger Gesetz und kann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden
  5. allgemeines Wahlrecht inklusive freier, demokratischer Wahlen, bei denen die Kandidatinnen nicht erst in Peking abgenickt werden müssen.
Ein Aufgang zu einer Fußgängerüberführung wurde blockiert
Ein Aufgang zu einer Fußgängerüberführung wurde blockiert

Trotz der Beschimpfungen ist die Polizei ruhig geblieben, im Gegensatz zu früheren Zwischenfällen, so dass die Demonstration immer kleiner wurde, bis sie sich friedlich aufgelöst hat. Bei den Teilnehmern der Demonstration handelte es sich auch nicht nur um junge Menschen, es sind wirklich alle Altersgruppen dabei gewesen.

Grade die Gewalt der Polizei gegen die Jugend bringt auch ältere Generationen auf die Straße
Grade die Gewalt der Polizei gegen die Jugend bringt auch ältere Generationen auf die Straße


Insgesamt ist die Lage in Hongkong aktuell relativ ruhig. Die Frage ist , bleibt das auch so? Carrie Lam nimmt die Protestierenden noch immer nicht ernst, und geht nicht auf die Forderungen ein. Ohne dass auf die 5 Forderungen der Protestierenden eingegangen wird, werden diese aber nicht aufhören auf die Straße zu gehen. Und auch wenn dies aktuell wieder friedlich geschieht, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis irgendjemand, irgendetwas Unüberlegtes macht, und die Gewalt wieder losgehen wird.

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