Tausende Menschen demonstrieren gegen den Neonaziaufmarsch in Dresden
Anlässlich des 75. Jahrestages der Bombardierung Dresdens wurde auch in diesem Jahr wieder ein Neonaziaufmarsch durchgeführt. Diese mobilisierten deutschlandweit und international, konnten aber nur bedingt mehr Menschen erreichen als im letzten Jahr.
Dagegen gingen mehrere tausend Menschen aus Dresden und Sachsen auf die Straße. Ein breites Aktionsbündnis organisierte den Gegenprotest und es gab mit dem Hauptbahnhof und dem Alaunpark zwei Anlaufspunkte.
Schon im Vorfeld gab es erste Probleme mit den eingesetzten Beamt*innen der Polizei. Diese wollten unter anderem die Veranstaltungsfläche am Bahnhof minimieren. Beide Protestzüge wurden von einem Großaufgebot der Polizei begleitet.
Nachdem die anreisenden Leipziger*innen spontan am Bahnhof Mitte ausgestiegen sind und zum Postplatz ziehen wollten, wurden sie von Einheiten der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) rapide gestoppt und von Polizist*innen und Polizeiautos auf der Marienstraße gekesselt. Hier wurde dann nach eintreffen der Versammlungsbehörde eine Demonstration angemeldet. Die Polizei belehrte die Anmelder*innen mehrfach, dass die Menschen sich deeskalativ zu verhalten haben. Der kurze Demonstrationszug von Marienstraße zum Postplatz wurde immer wieder gestoppt. So erlaubte die Polizei keinen Lautsprecherwagen, der spontan zu den Menschen kam, und darüber hinaus wollen sie immer wieder Vermummungen unter den Menschen entdeckt haben.
Auf dem Postplatz wurde dann eine Frau unter unmittelbaren körperlichen Zwang von zwei Beamt*innen aus der Menschenmenge gezerrt, um ihre Personalien aufzunehmen. Angeblich soll sie ein*e Beamt*in beleidigt haben, die Leipziger Autorin selbst bestreitet den Vorwurf und zeigt sich geschockt.
Die ca. 300 Leipziger*innen schlossen sich relativ schnell dem Demonstrationszug vom Hauptbahnhof an. Hier folgten dann mehrere Ausbruchsversuche, die die Polizei auch unter Einsatz von Schlagstock und Pfefferspray unterbunden hatte. Auf der Seestraße fingen die Beamt*innen plötzlich an, die Menschen durch die Straße zu jagen, auch hier mit Schlagstock in der Hand.
Mehrere Blockaden im Innenstadtbereich
Während sich am Pirnaischer Platz eine Blockade formierte, kam der Demonstrationszug am Dr.-Külz-Ring an. Hier wurde durch die Menschenmasse die erste Fahrbahn blockiert. Eine Gruppe von ca. 50 Menschen versuchten daraufhin auch die zweite Fahrbahn zu blockieren. Trotz Schlagstockeinsätzen der Polizei gelang den Menschen das. Die Beamt*innen räumten daraufhin nach und nach den Haltestellenbereich frei und bat Tourist*innen sich in Richtung Prager Straße zu bewegen. Dort war der Bereich von Polizeiautos und Polizeiabsperrband blockiert. Auch die Eingänge zum Karstadt blockierte die Polizei und ließ auch einkaufende Menschen nicht in das Gebäude.
Kurze Zeit später wurden auch die Straßenbahnschienen erfolgreich blockiert, während eine weitere Menschengruppe von ca. 150 Menschen versuchten über die Marienstraße auf die Budapester Straße zu gelangen. Hier gab es massiven Einsatz von Pfefferspray und mehrere Menschen mussten medizinisch behandelt werden.
Auf der Budapester Straße selbst gab es mehrere Blockadeversuche. Hier ritten Beamt*innen der Reiterstaffel in relativ schnellem Tempo in eine Gruppe Menschen. Auch bei einer weiteren kurzen Blockade drohten die Beamt*innen damit, dass die Reiterstaffel durch diese hindurch ritten.
Später kam es im Bereich Prager Straße und St. Petersburger Straße zu unübersichtlichen Szenen. Immer wieder wurde versucht die Straße zu blockieren. Hier zeigten sich die Beamt*innen überfordert. Sie rechneten nach eigenen Aussagen nicht mit so vielen Menschen, die plötzlich aus den Seitenstraßen auf die Straße gerannt kamen. Pressevertreter*innen wurden mehrfach mit Platzverweis bedroht, der Ton wurde rau bei den Beamt*innen und sie beleidigten mehrfach die anwesenden Menschen.
Auf der Prager Straße gab es dann den ersten Durchbruch der Polizeikette. Die wenigen Beamt*innen konnten die Menschenmassen nicht stoppen. Auch auf der St. Petersburger Straße versuchten die Beamt*innen Menschen von den Demonstrationen zu stoppen. Diese liefen langsam zur Polizeikette und blieben davor lediglich stehen. Die Polizei drohte auch hier mehrfach mit Pfeffer- und Schlagstockeinsätzen und fing an immer wieder auf Menschen einzuschlagen. Auch als sich diese entfernten, liefen die Polizist*innen hinterher um einen weiteren Schlag mit auf den Weg zu geben. Kurz darauf liefen die Menschen durch die Kette durch und gelangten so an die Gleise am Bahnhof, wo sie den Abend über blieben.
Verkürzter Neonaziaufmarsch wird am Bahnhof erwartet
Der Neonazi-Aufmarsch musste aufgrund der Blockaden ihre Route stark kürzen. Außerdem kamen sie nicht weiter in den Innenstadtbereich, sie liefen am Rand entlang und mussten abseits vom Bahnhof stehen bleiben, denn auch hier erwartete sie eine Menschenmenge. Insgesamt liefen die Neonazis, teilweise vermummt, nur knapp zwei Kilometer.
Am Abend kam es dann zu weiteren Maßnahmen der Polizei. Über ein Dutzend Menschen wurde mit teils extremer Gewalt aus der Menschenmenge entfernt. Umstehende Menschen wurden dabei von anderen Beamt*innen zur Seite geprügelt. Neun Menschen wurden in die Gefangenensammelstelle gebracht und erst am späten Abend entlassen, dort gab es am Abend eine Mahnwache von ca. 70 Menschen. Allen wurde vorgeworfen, dass sie sich vermummt haben sollen.
Hier kam es auch wieder zu Belehrungen der Polizei, wie die anwesenden Pressevertreter*innen ihren Job zu machen haben. Ein*e Beamt*in griff unter anderem auch ins Objektiv eines Fotografen.
Schon eine Stunde vor dem Ende der Neonazi-Veranstaltung sperrte die Polizei den Hauptbahnhof und ließ nur selektiv Menschen in das Gebäude. Dadurch verzögerte sich die Abreise der angereisten Gegendemonstrant*innen massiv. Die Neonazis selbst reisten dann über den Hauptbahnhof ab. Viele ortsansässige verließen diesen dann in Kleingruppen Richtung Gegenprotest.
Die Polizei Sachsen und ihre Verstärkung zeigten sich, wie angekündigt, sehr aggressiv und nutzten wo es nur ging Gewalt zur Durchsetzung ihrer Anweisungen. Für die Veranstalter*innen der Gegenaktionen ist der Tag trotzdem ein Erfolg gewesen.
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