DemonstrationDresden

Unteilbar- und nun?

Wenige Tage nachdem 40.000 Menschen mit dem Unteilbar-Bündnis in Dresden auf die Straße gingen, stellt sich die Frage: Hat sich was geändert?

Protest gegen eine AfD-Wahlkampfveranstaltung

Am 25. August hielt die AfD Sachsen ihren Wahlkampfhöhepunkt auf dem Neumarkt ab. Dagegen mobilisierte die Gruppe „Nationalismus raus den Köpfen“ und meldete einen Protest dagegen an. Nach und nach kamen mehr Menschen dazu, am Ende waren es bis zu 200. Auffallend? Den Großteil bildeten Menschen, die einen Tag länger in Dresden verweilten und den Tag direkt noch zu nutzen wussten.

Bis zu 200 Menschen demonstrierten gegen den Wahlkampfhöhepunkt der AfD.

Der Protest gegen die AfD-Veranstaltung selbst war kreativ und laut. Immer wieder versuchten AfD-Teilnehmer*innen die demonstrierenden zu provozieren – jedoch ohne Erfolg. Eine Gruppe von ca. 15 Menschen setzten sich spontan mitten auf den Platz und protestierten still gegen die Veranstaltung der AfD.

Eine Gruppe von 15 Menschen setzten sich spontan auf den Platz.

Hier spielten sich teils hässliche Szenen ab: Die AfD-Teilnehmer*innen zeigten sich äußerst aggressiv. Die am Boden sitzenden wurden direkt am Anfang mehrfach mit Bier beschüttet. Immer wieder gab es Beleidigungen und Drohungen zu hören, teilweise wurden die Menschen auch getreten.

„Am Sonntag den 25. August fanden wir uns zum Entspannen und Wohlfühlen auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche ein, um den Nachwehen der Demonstrationsanstrengungen des Vortages in Form einer Massagekette entgegenzuwirken. Zufällig findet zum selben Zeitpunkt ebenfalls eine AfD Kundgebung an genanntem Ort statt, deren Teilnehmende sich äußerst verspannt gegenüber unserer love&care Offensive zeigen. Es erfolgen zahlreiche verbale und auch körperlich Übergriffe seitens der AfD-Anhänger*Innen, wobei trotz der so oft betonten christlichen Werte nichts davon mit Nächstenliebe zu tun hat. Je harmonisierender wir als Gruppe werden, je mehr uns das friedliche Geknete zurück in unsere innere Mitte bringt, desto wüster werden die Beschimpfungen um uns herum. Wir sind umstellt von Wutbürgern, die uns auf die Füße treten, auf die Köpfe aschen und scheinbar vor allem eines sind: neidisch. Wenn eine Szene des behutsamem Miteinanders dazu in der Lage ist Menschen derart auf die Palme zu bringen, dann kann das nur Neid sein,
weil links sein einfach schöner ist, 
weil kuscheln mehr Spass macht als hetzen. 
Und so schlängeln wir uns wie eine Wurm der Solidarität durch diese so verbissene, wütende Menge. 
Die Polizei hat sich hierbei nicht nur im Kampf mit der Sonne als deeskalierende Schattenspender, durchaus kooperativ verhalten.“ 
Asoziales Netzwerk Dresden und Freunde

Protest gegen PEGIDA und den „Haverbeck-Stand“

Am Montag folgte direkt das übliche: PEGIDA marschierte mit ca. 1.000 Menschen durch die Dresdner Innenstadt. Dagegen demonstrierten bis zu 150 Menschen.

Drei Menschen wollten spontan gegen den „Haverbeck-Stand“ demonstrieren.

Hier fiel eine spontane Aktion gegen den „Haverbeck-Stand“ auf: Eine Gruppe von drei Menschen stellte sich spontan etwas Abseits neben den Stand mit einem Transparent. Kurz darauf kam ein*e Mitarbeiter*in der Versammlungsbehörde und es folgten Diskussionen. Der Grund war, dass die Behörde den Protest nicht dulden wollte. Entweder habe er sich der Gegenkundgebung anzuschließen oder 40-50 Meter weiter wegzustellen. Ein Mensch war bereit gegen den Stand, an dem regelmäßig der Holokaust geleugnet wird, eine Spontankundgebung anzumelden. Auch das wurde verweigert, da der Stand sowie auch PEGIDA regelmäßig stattfinden und somit kein spontanes Ereignis mehr ist. Hier zog besagte*r Mitarbeiter*in einen makaberen Vergleich: Die Menschen dürften eine Spontankundgebung abhalten, wenn zum Beispiel an dieser Stelle ein Hund misshandelt wird.

Die Teilnehmer*innen zeigten sich schockiert über die Aussagen der Versammlungsbehörde

Claus Dethleff, Vorsitzender des Stolpersteine für Dresden e.V. zeigte sich schockiert und sagte: „Wenn die Versammlungsbehörde der Stadt Dresden das nicht tut, was sie nicht tun kann, nämlich den Solidaritätsstand für die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck verbieten, so ist das sehr unerfreulich, aber nicht zu ändern. Wenn sie das nicht tut, was sie tun könnte, nämlich diese „Versammlung“ irgendwo an den Rand der Stadt wegbeauflagen oder den Teilnehmern durch Auflagen oder die intensive Kontrolle der ausgelegten Schriften das Leben etwas schwerer machen oder dem Gegenprotest gegenüber großzügiger sein, dann ist das vielleicht typisch Dresden und schwer zu verstehen. Wenn sie aber, wie schon häufiger in der Vergangenheit und auch heute wieder, sich schützend vor diesen Stand stellt, der offen die Leugnung des Holocaust unterstützt und eine deutliche Botschaft hat, dann ist das zutiefst beschämend.“

Auch Steffi Brachtel, die mit dem Zivilcourage-Preis ausgezeichnet wurde, war vor Ort: „Ich hatte und habe das Gefühl, die Stadt Dresden, vertreten durch die Versammlungsbehörde, möchte keinen konsequenten Protest gegen diesen unsäglichen Solidaritätsstand. Sie möchten die demokratischen Rechte zu 200% umsetzen und bemerken nicht, dass sie damit weit über das Ziel hinaus schießen und alles ins Gegenteil verkehrt.“

Die Versammlungsbehörde wurde um ein Statement gebeten. Auf dieses warten wir aktuell noch.

Update

Die Stadt Dresden hat sich nun mit einer Antwort gemeldet, die hier eingefügt wird.

Die angezeigte spontane Versammlung wurde nicht untersagt. Sie wurde
lediglich örtlich beschränkt, da es bereits eine Gegenversammlung zur
Anlassversammlung gab.
Vor Ort wurde über die Begriffe Spontanversammlung und Eilversammlung und
deren Definition im Sächsischen Versammlungsgesetz aufgeklärt.
Jede versammlungsrechtliche Entscheidung stellt eine Einzelfallentscheidung
unter Beachtung aller Gegebenheiten dar.
Zu den Begrifflichkeiten und den gesetzlichen Grundlagen kann man auch
unter 
www.dresden.de/versammlungsrecht nachlesen.

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